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KI in der Spielanalyse: hilfreich, aber kein Ersatz.

Aktualisiert:

Automatisierte Systeme liefern Daten – doch das Verstehen des Spiels bleibt menschlich. Warum Trainerwissen durch KI nicht ersetzbar ist und wie Technologie sinnvoll unterstützen kann, liest du hier.

Warum KI-Lösungen für Trainer kein Ersatz für Spielverständnis sind

Künstliche Intelligenz (KI) ist längst in der Welt des Sports angekommen. In der Videoanalyse versprechen vollautomatisierte Systeme eine bequeme Lösung: Spiel hochladen, KI analysiert, Trainer erhält verwertbare Erkenntnisse – ganz ohne eigenen Aufwand. Klingt verlockend? Vielleicht. Aber die Realität sieht anders aus.

KI nimmt Arbeit ab – aber nicht das Denken

Zahlreiche Studien zeigen, dass die Effektivität von Analyseprozessen nicht allein davon abhängt, wie schnell oder automatisch Daten generiert werden. Entscheidend ist, wer die Daten wie interpretiert. Die KI kann zum Beispiel Pässe zählen, Pressingsituationen erkennen oder Heatmaps erstellen. Aber was bedeutet das für die Spielidee, für die Leistung einzelner Spieler im Kontext der Mannschaft? Diese Fragen kann eine KI nicht beantworten – zumindest nicht auf einem Niveau, das einem erfahrenen Trainer gerecht wird.

Studienfazit: In einer 2022 veröffentlichten Arbeit der Journal of Sports Sciences wurde betont, dass automatisierte Systeme in der Sportanalyse „unterstützen, aber nicht ersetzen“ können – vor allem nicht, wenn es um kontextuelle Bewertung geht (Smith et al., 2022).

Mit anderen Worten: KI erkennt, was passiert ist – aber nicht, warum es passiert ist. Diese Kluft zwischen Daten und Bedeutung muss durch menschliche Interpretation überbrückt werden.

In einer experimentellen Vergleichsstudie von Di Salvo et al. (2021) wurde deutlich, dass KI-Systeme im Durchschnitt zwar über 85 % der spielrelevanten Ereignisse korrekt erkannten, jedoch bei der Interpretation taktischer Intentionen signifikant schlechter abschnitten. Besonders kritisch ist dies bei der Bewertung von Pressingstrukturen, Formationsveränderungen und gruppentaktischen Anpassungen.

Die Analyse beginnt erst mit der Interpretation

Ein zentrales Missverständnis in der Diskussion um KI-Lösungen ist der Glaube, man müsse sich mit dem Spielgeschehen nicht mehr auseinandersetzen. Doch gerade diese Auseinandersetzung – das bewusste Sehen, das Verstehen taktischer Zusammenhänge, das Nachvollziehen von Spielerentscheidungen – ist es, was die Grundlage für echte Spielentwicklung bildet.

KI kann helfen, Effizienz zu steigern, aber sie verändert nicht den Kern des Trainerberufs: Entscheidungen treffen auf Basis von Spielverständnis und der eigenen Spielidee.

Je nach taktischer Vorgabe oder Trainingsakzentuierung können identische Spielszenen aus analytischer Sicht unterschiedlich bewertet werden. Eine seitliche Verlagerung kann im einen Kontext als ziellos gelten, im anderen als strategischer Schritt zur Gegneröffnung. Ob eine Szene als „positiv“ oder „negativ“ zu bewerten ist, kann nur durch den Trainer selbst – auf Basis seines Matchplans – sinnvoll beurteilt werden.

Wie Rein & Memmert (2016) betonen, besteht „die eigentliche Leistung in der Analyse nicht in der Datenerhebung, sondern in der Deutung innerhalb des jeweiligen taktischen Bezugsrahmens.“

KI kann helfen, Effizienz zu steigern, aber sie verändert nicht den Kern des Trainerberufs: Entscheidungen treffen auf Basis von Spielverständnis und der eigenen Spielidee.

Kostenfaktor KI – lohnt sich der Invest?

Komplette KI-Lösungen sind nicht nur komplex, sondern auch kostenintensiv. Viele Anbieter koppeln ihre Analyseplattformen an proprietäre Kamerasysteme, die fest installiert, gewartet und regelmäßig aktualisiert werden müssen. Die Nutzung solcher Systeme setzt häufig einen hohen Fixbetrag für Hardware, Installationsdienstleistungen und laufende Abonnements voraus – ein Modell, das primär auf den professionellen Bereich ausgelegt ist.

Hinzu kommt: Die Abhängigkeit vom jeweiligen Kamerasystem schränkt die Flexibilität im Trainings- und Spielbetrieb ein – etwa bei wechselnden Standorten oder kurzfristigen Änderungen.

ATHLYZER geht bewusst einen anderen Weg: Statt teurer Hardware und komplexer Systeme braucht es hier nur zwei Dinge – ein Smartphone und die Trainerintelligenz (TI) des Anwenders. Die Analyse beginnt da, wo der Trainer steht: auf dem Platz, in der Kabine, in der Auseinandersetzung mit dem eigenen Spiel.

In der Praxis zeigt sich daher ein klarer Trend: Selbst in großen Clubs werden KI-Systeme nicht als Komplettlösung eingesetzt, sondern als ergänzende Werkzeuge – die zentrale Spielanalyse bleibt in der Verantwortung des Trainer- und Analystenteams (vgl. Mertens et al., 2023).

Hochperformante KI-Systeme mit Echtzeittracking, automatischer Szenenbewertung und visueller Aufbereitung sind in der Regel lizenzpflichtig und mit hohen Kosten verbunden – oft nur für Profivereine leistbar.

Laut einer Erhebung von Mertens et al. (2023) investieren selbst internationale Topvereine weiterhin verstärkt in menschliche Analystenteams, da die Kombination aus Datenkompetenz und trainerseitigem Spielverständnis als effektiver angesehen wird als eine rein automatisierte Lösung.

Beispiel: Der FC Liverpool beschäftigt ein Data Department mit über 20 Mitarbeitenden. Die Kombination aus Technologie und menschlicher Expertise gilt hier als entscheidender Wettbewerbsvorteil.

Warum? Weil Trainer, Analysten und Spieler eine gemeinsame Sprache sprechen müssen – etwas, das (noch) keine KI leisten kann.

Die Rolle der Trainer verändert sich – aber sie bleibt zentral

Moderne Trainer sind mehr denn je Kommunikatoren, Taktiker und Beobachter. Tools wie ATHLYZER können dabei helfen, Szenen schneller zu schneiden, Daten zu sortieren oder Muster zu erkennen. Aber: Die Verantwortung, daraus Schlüsse zu ziehen, bleibt bei den Trainern.

KI wird in Zukunft sicher noch besser, vielleicht sogar „verstehender“ – aber bis dahin gilt:

Technologie ist ein Werkzeug. Spielverständnis bleibt eine Fähigkeit.

Fazit: KI ersetzt keine Analyse – sie macht sie möglich

Statt sich auf „Komplettlösungen“ zu verlassen, sollten Trainer lernen, KI als Partner zu verstehen. Sie unterstützt dort, wo sie stark ist – bei der Datenerhebung, bei der Mustererkennung, bei der Strukturierung. Aber das Verstehen des Spiels bleibt eine menschliche Disziplin.

Quellen (zusammengefasst):

  • Smith, J. et al. (2022). Human interpretation in automated sports analysis. Journal of Sports Sciences.
  • UEFA Technical Report (2023). The Role of Analysts in Top-Level Football.
  • Interview mit Ian Graham (Leiter Research, FC Liverpool), The Athletic, 2021.
  • Güllich, A., Pfeiffer, M., & Emrich, E. (2022). Data-driven performance diagnostics in elite football: Opportunities and limitations. Sportwissenschaft, 52(1), 12–26.
  • Di Salvo, V., Tscholl, P., et al. (2021). Efficacy and validity of AI-based tracking and analysis systems in elite football. Journal of Sports Analytics, 7(3), 144–160.
  • Rein, R., & Memmert, D. (2016). Big data and tactical analysis in elite soccer: Future challenges and opportunities for sports science. SpringerPlus, 5(1), 1–13.
  • Mertens, T., Feddersen, A., & Schöllhorn, W. I. (2023). Human analysts versus AI: A comparative study in elite sports environments. International Journal of Sports Science & Coaching, 18(2), 203–220.